Erfahrungen als Gleichstellungsbeauftragte im Umgang mit „Häuslicher Gewalt“

Unter häuslicher Gewalt versteht man körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt innerhalb einer Familie oder in einer aktuellen oder aufgelösten Paarbeziehung.

Ich erinnere mich sehr gut an meine Zeit als erste Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bern zwischen anfangs 1996 – Mitte 2000. Zu diesem Zeitpunkt wurde seitens der schweizerischen Gleichstellungsbeauftragten das Thema häusliche Gewalt an die Hand genommen und eine nationale Kampagne initiiert.

Sehr gut erinnere ich mich an meinen ersten „Auftritt“ zum Thema häusliche Gewalt im Kommando der damaligen Stadtpolizei Bern. Ich war eingeladen, anlässlich des Kommandorapports über das Thema und die geplanten Aktivitäten zu informieren. Ich habe mich bewusst angezogen, ein klassisches Deux-Pièce, um allen Vorurteilen von Anfang an etwas entgegenzusetzen. Als ich den Kommandoraum am Waisenhausplatz in Bern betreten habe, war ich einzige Frau im Raum. Pikant war, dass für mich kein Stuhl bereitstand, so dass einer der Kaderpolizisten zuerst einen Stuhl für mich organisieren musste. Dieses Erlebnis war für mich einprägend und Symbol für den Umgang der Polizei mit dem Thema häusliche Gewalt in den 90er Jahren.

Im Gespräch mit dem Kommando habe ich das Thema und die geplanten Massnahmen präsentiert. Es ging insbesondere darum, die Polizei zu häuslicher Gewalt zu sensibilisieren unter dem Stichwort Ermitteln statt Vermitteln. Der damalige Kripochef hat mir einerseits klar widersprochen, andererseits festgehalten, sie seien genügend sensibilisiert für das Thema und wüssten bestens, was zu tun sei.

In den nachfolgenden Jahren haben sich die Stadtpolizei Bern, und nach Zusammenschluss mit der Kantonspolizei Bern, auch diese intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und verschiedene, sehr engagierte Polizist:innen haben für einen professionelleren Umgang mit dem Thema und die interne Sensibilisierung gesorgt. Dies sicherlich auch dank der nationalen Kampagne „Stopp häusliche Gewalt“.

In Bern haben die städtische und die kantonale Gleichstellungsstelle Ende der 90er Jahren und anfangs 2000 gemeinsam das Interventionsprojekt gegen häusliche Gewalt initiiert und aufgebaut. Daraus entstanden die ersten Täterprogramme.

In meiner nächsten Funktion als Regierungsstatthalterin habe ich dann Täter zu einem Gespräch vorgeladen und solche Täterprogramme angeordnet.

Heute sind wir in diesem Thema wesentlich weiter. Häusliche Gewalt ist ein Offizialdelikt und wird von Amtes wegen verfolgt. Die Polizeikorps sind grösstenteils sensibilisiert und haben einen professionellen Umgang mit dem Thema.

 

Regula Mader, Rechtsanwältin, Coach und Supervisorin